Aquakultur geht viel nachhaltiger

Mehr und mehr Menschen wollen Fisch essen. Doch die Meere sind überfischt. Aquakultur, die künstliche Aufzucht von Fischen, kann den Bedarf decken. Sie boomt seit Jahren. Aber sie schafft neue Probleme: Unter anderem werden Flüsse und Seen überdüngt, Medikamente gelangen ins Wasser, mancherorts werden für Zuchtteiche natürliche Lebensräume zerstört und - viele Fische brauchen als Futter Fischmehl, das aus der Hochseefischerei stammt. Aber es geht auch anders. In modernen Aquakulturen wird

hochwertiger Speisefisch mit einem Minimum an Wasser und Umweltbelastung zusammen mit Gemüse produziert.

Am Berliner Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei halten Biologen und Ingenieure Speisefische in Bassins in einem Treibhaus.

Sie düngen - verkürzt ausgedrückt - mit dem Fischwasser Gemüse,

das in Steinwollepaketen wächst.

Aquaponik heißt das System.

Bei der Produktion wird sehr wenig Wasser verbraucht.

Fisch und Feldfrüchte gedeihen prächtig. Wasser, das die Pflanzen verdunsten, wird aufgefangen und in den Kreislauf zurückgeführt. Während zum Beispiel in einer Forellenzuchtanlage, das gesamte Wasservolumen in den Teichen mehrmals täglich ausgetauscht wird, haben die Forscher im Fischtreibhaus die tägliche Zufuhr von Haltungswasser auf bis zu drei Prozent der Gesamtwassermenge in den Becken reduziert.

Fische und Pflanzen haben es gerne warm.

Hierzulande muss in kühlen Zeiten geheizt werden. Das geht mit Abwärme von kleinen Blockheizkraftwerken oder von Biogasanlagen. In wärmeren und trockneren Gegenden wie um Almeria in Spanien, wo ein Großteil der Tomaten für den europäischen Markt produzierrt wird,  ist keine Heizung nötig. Dort zahlt sich vor allem der sparsame Umgang mit Wasser aus.

Wenn Pflanzenbau in trockeneren Gegenden mit Fischzucht in Gewächshäusern kombiniert wird, lässt sich der Wasserverbrauch etwa für Tomaten auf bis ein Sechstel vermindern.

Strom für die Anlage wird über Photovoltaik gewonnen.
Die Technik  der Berliner Forscher ist ausgereift und

patentiert. Lizenzen werden angeboten

über die Firma Agrathaer GmbH in Müncheberg. Bislang schmücken sich vor allem hippe Restaurants in Großstädten mit derlei Anlagen. Sie bieten ihren Gästen frisches Gemüse und frischen Fisch direkt vom Ort ohne  Transportwege.

Aber für eine preisgünstige Produktion lohnen sich wohl eher größere Aquaponik-Anlagen.

Auch diese gibt es. So bieten die Betreiber eines Fischgewächshauses in Berlin wöchentliche Gemüse- und Kräuterabos für 300 Kunden an. Sie wollen pro Jahr 30 Tonnen Buntbarsch anbieten.

Aquaponik entwickelt sich weltweit

Berater und Hersteller beispielsweise in den Niederlanden, Großbritannien, USA, Australien  oder Kanada bieten komplette Anlagen für Hausgebrauch und größere Produktionen an. Schulen in den USA betreiben Schul-Aquaponik-Anlagen. Und eine Nonne in einem Benediktinerinnen-Kloster in Florida begann im vorigen Herbst mit dem Aufbau einer Aquaponik-Produktion für Fisch und Gemüse. Anderen zu zeigen, wie es geht. Darin sieht sie einen  Ansatz zur Bekämpfung des Hungers in der Welt.

Fisch  lässt sich mit Aquaponik viel effektiver produzieren als Geflügel-, Rind- oder Schweinefleisch.

Der Chef der Berliner Tomatenfischforscher sagt, grob gerechnet lasse sich mit einem Kliogramm Futter ein Kilo Fisch erzeugen. Für ein Kilo Biomasse beim Huhn sei schon die doppelte Futtermasse erforderlich und für Schweine die dreifache. Für die Mast von Rindern, Schweinen und Hühnern muss Futter  auf großen Flächen angebaut werden. Die fehlen dann für die Produktion pflanzlicher Nahrung, die Menschen sofort essen könnten. Außerdem müssen für das Tierfutter Traktoren, Lastwagen und Schiffe fahren, die Kohlendioxid freisetzen.

Die Berliner Treibhausfische sind Pflanzenfresser. Aber viele andere Arten brauchen nach wie vor tierisches Eiweiß. Das stammt aus Fischmehl.

Für Fischmehl wird annähernd ein Viertel der jährlichen Fangmenge aus der Hochseefischerei verwendet.

Das führt die Idee, mit Aquakultur die Fischbestände in den Meeeren entlasten zu wollen, zumindest teilweise ad absurdum.

Die Forschung ist bei der Entwicklung von nachhaltigen Alternativen zum Fischmehl schon weit gekommen.

Diesem Thema werde ich demnächst einen eigenen Blogeintrag widmen.

Links:

Eine Radiosendung von mir über nachhaltige Aquaponik hat der Südwestrundfunk ausgestrahlt.

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